On Demand Westerkappeln

"On-Demand"-Betrieb gestartet

Nach rund einem Jahr der Planung und dem Überwinden einiger Hürden – insbesondere bürokratischer Natur – war es am 16. Juni so weit: Der BürgerBus-Verein Westerkappeln hat sein System von einem starren, teils komplizierten und entsprechend wenig nachgefragten Linienfahrplan auf einen bedarfsgesteuerten Betrieb umgestellt. Das heißt, dass Fahrgäste zukünftig ihre Fahrtwünsche im Vorfeld anmelden müssen – bestenfalls per App, Website oder wahlweise auch telefonisch.

Das mag auf den ersten Blick für viele wie eine zusätzliche Hürde erscheinen. Immerhin konnte man vorher einfach zur gewohnten Zeit zur Bushaltestelle gehen und sich darauf verlassen, dass der Bus auch kam. Doch Westerkappeln ist groß, und der Bus kann nicht zu jeder beliebigen Zeit an jedem beliebigen Ort sein. Oder vielleicht doch? „On-Demand“ wird das neue Konzept neudeutsch genannt. Innerhalb der Zeiten, in denen der BürgerBus fährt, können Fahrgäste nun nach Voranmeldung (mindestens 60 Minuten vor Fahrtantritt) von und zu nahezu allen beliebigen Orten im Gemeindegebiet befördert werden – sofern wenigstens Start oder Ziel eine der aktuell über 90 Haltestellen ist. Dadurch ermöglicht der BürgerBus nun beispielsweise die Beförderung von der eigenen Haustür zum Einkaufszentrum – und wieder zurück.

Umstellung für alle Beiligten

Für die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer des BürgerBusses sowie den Vorstand war diese Umstellung ein großer Schritt, der den Verantwortlichen sehr viel Zeit, Arbeit und auch Herzblut abverlangt hat. Es war offensichtlich, dass allen Beteiligten viel daran lag, den BürgerBus mit dem neuen System wieder auf die Erfolgsspur zu führen, nachdem die Corona-Pandemie deutliche Spuren bei der Fahrgastnachfrage und dadurch auch bei der Fahrplangestaltung hinterlassen hatte. Entsprechend nervös waren der Vorsitzende Hermann Meiners und die beiden Vorstandsmitglieder Andrea Klein-Siebenbürgen und Axel Berger, als sie sich am 16. Juni um 7:30 Uhr – eine halbe Stunde vor Beginn der ersten On-Demand-Schicht – am Bus mit ihrem Projektbetreuer der Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM), Dennis Schöne, getroffen haben.

Unsicherheiten gab es insbesondere bezüglich der Frage, ob die Technik genauso funktioniert, wie man es in den Schulungen der letzten Wochen gelernt hatte. Doch die Sorge war unbegründet. Die beschaffte Software der Firma ioki ließ Fahrer Axel Berger frühzeitig mit seiner Schicht beginnen und navigierte ihn verlässlich zur allerersten Fahrt um 8:08 Uhr im Ortsteil Hollenbergs Hügel. Startpunkt war eine neu eingerichtete, sogenannte „virtuelle Haltestelle“, die nur mit einem kleinen Hinweisschild versehen ist. Der Vorteil: Der BürgerBus kann seine Fahrgäste nun auch gezielt innerhalb von Wohngebieten abholen und sie wieder dorthin zurückbringen. Das reduziert die Laufwege und entlastet vor allem jene Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind – ein großes Komfortplus.

Der erste Fahrgast

Nachdem der erste Fahrgast im Zentrum abgesetzt wurde, ging es nach einer kurzen Pause weiter zum Altenheim, um eine langjährige Stammkundin für Arztbesuche und Einkäufe in den Ortskern zu bringen. Rund zwei Stunden später ging es wieder zurück. „Das ist eine ganz tolle Sache“, meinte die Kundin, die ihre Fahrten zuvor telefonisch bestellt hatte. Der kleine Aufwand lohne sich auf jeden Fall, und man werde dem BürgerBus weiterhin treu bleiben – eine Bestätigung für die Akteure, mit der Umstellung auf den On-Demand-Verkehr die richtige Entscheidung für die Fahrgäste getroffen zu haben.

Hermann Meiners (l.) und Axel Berger (r.) bereiten sich auf die erste On-Demand-Fahrt vor.
Neben den normalen Haltestellen wurden auch virtuelle Haltestellen angebracht, so dass etwa 70 Haltestellen zur Auswahl stehen.

Software wirkt sich auf den Betrieb aus

Auch die Software konnte sich direkt von ihrer starken Seite zeigen. Innerhalb weniger Minuten gab es zwei verschiedene Fahrtanfragen, deren Start- und Zielorte jeweils räumlich und zeitlich nah beieinander lagen. Diese wurden kurzerhand automatisch zusammengefasst, sodass zuerst alle Fahrgäste eingesammelt und anschließend nacheinander zum Ziel gebracht werden konnten – „Pooling“ nennt sich dieser Prozess. Die sich dadurch um fünf Minuten verschobene Ankunft der zweiten Buchungsgruppe war für die Fahrgäste kein Problem. Immerhin ist dies Teil des On-Demand-Konzeptes – und deutlich schneller und näher am Ziel als bei einer regulären Fahrt nach Fahrplan war man trotzdem noch.

Für den BürgerBus-Verein hat dies mehrere Vorteile: Durch die Bündelung der Fahrten können viele Kilometer eingespart werden, was auch die Umwelt schont. Zudem ist es für die Fahrerinnen und Fahrer immer schöner, mit Fahrgästen unterwegs zu sein, anstatt leer durch die Gegend zu fahren. Schließlich ist die soziale Komponente einer der Vorteile des BürgerBusses gegenüber den eher anonymen Linienbussen.

Neben der bereits am ersten Tag überraschend hohen Nachfrage ist auch positiv festzuhalten, dass man bereits von Beginn an einen bunten Querschnitt durch die Bevölkerung beobachten konnte. Ob ältere Menschen, denen man den Weg zum Arzt oder zum Einkaufen erleichtert, Asylbewerber, die von den etwas entlegeneren Wohnunterkünften eine Verbindung zum Zentrum benötigen, oder eine KITA-Gruppe mit Betreuerinnen, die eine Möglichkeit brauchen, mit den Kleinen zum Erdbeerfeld zu fahren – der BürgerBus konnte bereits in den ersten Stunden nach der Umstellung auf den On-Demand-Betrieb zeigen, wie wichtig diese Form von ÖPNV für Menschen insbesondere im ländlichen Raum ist.

Positives erstes Fazit

Am Ende des Tages blicken die Verantwortlichen äußerst zufrieden auf einen gelungenen Auftakt zurück. In Anbetracht der positiven Nachfrage und der noch besseren Rückmeldungen der Fahrgäste ist man zuversichtlicher denn je, dass sich der Aufwand im Vorfeld gelohnt hat. Zwar ist es noch zu früh, um die Entwicklung der nächsten Wochen abzusehen – immerhin muss sich ein solcher Systemwechsel erst einmal herumsprechen und etablieren. Doch in Westerkappeln blickt man nun wieder positiv in die Zukunft des BürgerBusses. Und vielleicht lassen sich durch das neue Konzept ja nicht nur neue Fahrgäste, sondern auch Fahrerinnen und Fahrer gewinnen. Denn der Erfolg des BürgerBusses steht und fällt nicht zuletzt mit denjenigen, die den Bus mit Freude und Engagement im Ehrenamt fahren.

Weitere Informationen

Der BürgerBus kann über die RVM On-Demand-App, über die website: https://westerkappeln.fahrt-buchen.de oder telefonisch unter 0251 - 48 299 777 gebucht werden.